Wie sich das Lesen verändert

Heute geht es ausnahmsweise mal nicht um den Kindle. Denn ich musste mal wieder zum Papierbuch greifen, weil es das Buch (ein Fachbuch) nicht als E-Book gab. Dabei wäre genau dieser Titel prädestiniert dafür…

Was mir dann beim Lesen aufgefallen ist, hat mich nachdenklich gemacht. Das Buch war in Kapitel gegliedert, soweit so gut. Innerhalb der Kapitel gab es dann aber so gut wie keine weiteren Gliederungsmerkmale. Lediglich Absätze hatten die Verfasser alle paar Zeilen mal großzügigerweise eingeschoben. Es gab keine weiteren Untergliederungen, Zwischenüberschriften oder Ähnliches. Das fand ich nach einer Weile ziemlich anstrengend. Ich vermute, ich bin da durch das Internet schlichtweg verdorben.

Versteht mich nicht falsch, ich lese gerne und auch lange Texte. Der jahrelange mehrstündige TV-Konsum in meiner Kindheit hat mir offenbar die Lust am Lesen nie genommen. Aber das beschränkt sich auf fiktionale Texte oder längere journalistische Stücke.

In einem Fachbuch will ich das Gleiche wie auf einer Webseite: Schnell die benötigten Informationen finden. Kein Mensch liest das Buch mehr von vorne bis hinten durch. Und banale Dinge wie Zwischenüberschriften würden ungemein helfen, das Wesentliche im Text zu entdecken.

Im Internet ist das zur Regel, wenn nicht gar zur Obsession geworden. Das Zauberwort heißt SEO. Denn dabei kommen Webseiten mit Zwischenüberschriften besser weg als solche ohne. Wenn ich im Internet etwas suche, will ich ja nicht erst eine lange Webseite durchscrollen, sondern sofort sehen, ob mir dieser Google-Treffer hilft. Jahrelanges Websurfen hat diese Scan-Technik perfektioniert. Ambitionierte Webseiten-Betreiber tun auch alles dafür, dass die Informationsaufnahme gut gelingt. Ansonsten ist die Webseite nämlich schneller wieder zu, als die Bannerwerbung wahrgenommen werden kann.

Man muss dazu sagen: Das Fachbuch war zehn Jahre alt. Aber ich habe sowohl in jüngeren als auch in älteren Fachbüchern Texte gelesen, die besser strukturiert waren. Genauso wie ich schon extrem unübersichtliche Webseiten gesehen habe – wie wahrscheinlich jeder von uns.

Es ist so schwer online einen Zeitungsartikel zu kaufen

Gestern Morgen wollte ich einen bestimmten Artikel aus der FAZ lesen, der in der Druckausgabe erschienen war. Den hatte ein Bekannter von mir geschrieben und ich wollte den Artikel unbedingt lesen, weil das Thema für mich sehr interessant war. Weil ich dafür aber nicht morgens extra zum Kiosk laufen wollte, habe ich nach einer legalen Möglichkeit gesucht, diesen Artikel zu lesen und dafür zu bezahlen.

Möglichkeit eins: das FAZ-Archiv. Hier kostet der Artikelabruf 2 Euro. Man muss sich registrieren und im Voraus mindestens 5 Euro bezahlen, weil Abbuchungen darunter sich für den Verlag wohl nicht lohnen. Ich hätte dann 3 Euro Guthaben gehabt, aber wer weiß, wann ich das nächste Mal da einen Artikel hätte kaufen wollen.

Möglichkeit zwei: ich nutze die App iKiosk auf dem iPad. Dort kann ich das E-Paper der FAZ kaufen und zahle für die ganze Zeitung 1,79 Euro. Finde den Fehler!

Möglichkeit drei: ich bin mir ziemlich sicher, dass es auf gewissen Seiten mit exotischen TLDs das E-Paper auch ohne Bezahlung gegeben hätte, aber ich wollte ja Geld für diesen einen Artikel bezahlen.

 

Der Loser bei der Aktion ist meiner Meinung nach die FAZ. Denn von den 1,79 Euro für die Ausgabe bei iKiosk dürfte zunächst Apple erst mal seine 30% einbehalten. Bleiben 1,26 Euro, davon kriegt die FAZ sicherlich auch nur wiederum einen Teil. Dafür musste sie mehr Inhalte hergeben. Und ich habe mehr bekommen, als ich wollte und ich habe das Gefühl, auch mehr zu kaufen, als ich musste.

Warum kann ich nicht direkt bei der FAZ einen Artikel zu einem vernünftigen Preis kaufen? Für 0,99 Euro in einem simplen Bezahlsystem hätte ich zugeschlagen (Schwellenpreise sind immer ein Kaufargument, 1 Euro wäre zu teuer ^^).

Und natürlich hätte ich dann gerne auch ein PDF gehabt, das ich archivieren und auch weiterversenden kann. Der Artikel auf dem iPad bleibt im iPad. Ich kann ihn zwar so oft aufrufen, wie ich will, aber teilen geht nicht. Oder es wäre sehr unkomfortabel, wenn ich einzelne Screenshots machen und die am Computer wieder zusammenbauen müsste.

Daran krankt der bezahlte Online-Journalismus: An einfachen und komfortablen Systemen, Leute oder Unternehmen für ihre Arbeit zu entlohnen. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass Leute bereit sind, zu zahlen. iTunes hat es vorgemacht. Flattr ist ein schönes System, aber ohne nennenswerte Nutzung. PayPal braucht zu viele Klicks. Die Bonbons in der Blogbox sind bislang der beste Ansatz, den ich gesehen habe. Mal sehen, wie sich hier die Nutzerzahlen entwickeln.

Liebe Verlage: Lasst uns bezahlen, aber macht es uns so einfach wie möglich, sonst lassen wir es!

Nachtrag zu „Muss man eigentlich im Urlaub erreichbar sein?“

Da bloggt man gerade noch zu dem Thema und dann passiert sowas: Ich war am Wochenende mit einer Gruppe zum Segeln in Holland – zwei Tage ohne mobiles Internet müssen doch gehen. Abends in Enkhuizen haben wir einen Spaziergang gemacht und kamen an einem deutlich gekennzeichneten WLAN-Hotspot vorbei. Eine Internet-abhängige Mitreisende und ich blieben kurz stehen, um mal eben schnell ins Netz zu gehen.

Ergebnis: wir waren so in die „verpassten“ Nachrichten vertieft, dass wir die Gruppe verloren haben. So langsam mache ich mir doch Sorgen 😉

Muss man eigentlich im Urlaub erreichbar sein?

Für Online-Junkies wie mich ist die Antwort eigentlich klar: Ja. Ich betreibe Aufwand um mich zu informieren, wie ich unterwegs vernünftig und günstig ins Netz komme. Damit ich auch weiterhin e-Mailen, surfen, twittern etc. und die neuesten Nachrichten von Spiegel Online verfolgen kann.

Ich gebe zu, ich rede mir das schön, weil ich ja selbständig bin, „muss ich für meine Kunden erreichbar sein.“ Quatsch. Die Bestandskunden wussten vorher, dass ich im Urlaub bin und das Neukundengeschäft ist in der Sommerzeit gleich null und die einzige Anfrage kam dann per E-Mail. Erreichbarkeit muss also nicht sein. Trotzdem bin ich gerne online, auch im Urlaub. Wobei ich dann in der Regel (wenn keine vernünftige Flatrate verfügbar ist) nur zwei oder drei Mal am Tag nach den Mails schaue und sie nicht wie zuhause permanent erhalte. Das ist schon Urlaub 😉

Paradoxerweise wundere ich mich über Mitreisende oder Touristen generell, die nicht vom Handy lassen können, koste es, was es wolle. Und zum Teil ist es richtig teuer. Wer mich kennt weiß, dass ich ab und an mal Kreuzfahrten mache. Sobald das Schiff die Küstengewässer verlässt, wird ein bordeigenes Mobilfunksystem aktiviert. Das Handy bucht sich da ungefragt ein. Selbst wenn man innerhalb der EU unterwegs ist, gilt dann nicht mehr der günstige EU-Tarif, der die Kosten für Roaming stark begrenzt. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes in internationalen Gewässern. Da können pro Minute schon mal 5 Euro oder mehr anfallen (siehe Grafik). Auch WLAN ist auf Schiffen mit bis zu 10 Euro die Stunde schon ziemlich teuer. Da siegt bei mir meistens die Sparsamkeit über die Sucht.

Handynutzung auf hoher See? Lieber nicht. Quelle: www.welches-netz.com
Handynutzung auf hoher See? Lieber nicht. Quelle: www.welches-netz.com

Bei anderen nicht. Auf der letzten Kreuzfahrt (ein italienisches Schiff zur italienischen Hauptreisezeit mit vielen Italienern) herrschte rund um die Uhr Dauergequassel. Ich hoffe, sie wussten was sie tun. Sonst wird die Handyrechnung nachher teurer als der ganze Urlaub.

Fazit: Ich bin gern im Urlaub erreichbar, aber nicht um jeden Preis.

Die digitale Heimat

Dies ist ein Beitrag zur Blogparade „Was ist Eure Heimat“.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich gerade in einem ICE und werde mit 300 Stundenkilometern von Köln nach Frankfurt befördert. Von der einen Heimat in die nächste. Wieso zwei Heimaten? Geht das? Kommt auf den Betrachtungswinkel an.

Ich wurde in Frankfurt geboren. Als ich zehn war, zog meine Mutter mit mir in die Eifel in die Nähe von Köln. Die Eifel wurde mir nie Heimat, die Gegend ist mir persönlich zu weit ab vom Schuss und die Menschen eine Spur zu konservativ.

Meine zweite Heimat habe ich in Köln gefunden. Wobei ich Köln nicht auf die Stadt alleine beschränke, sondern einen großen Teil des Rheinlands wie zum Beispiel Bonn mit einbeziehe. Was macht nun Köln zu meiner Heimat?

Ich fühle mich in Köln wohl. Die meisten meiner Freunde leben hier. Mit meiner alten Heimat Frankfurt verbinden mich noch ein paar Familienbande und ein paar Freunde aus Köln sind mittlerweile auch nach Frankfurt gezogen. Neulich war ich ein Wochenende in meiner Geburtsstadt. Ich habe mich wohl gefühlt, aber heimisch?

Was ist denn Heimat? In einer Zeit, in der ich zwischen Heimat Nr. 1 und Nr. 2 in einer Stunde pendeln kann, verliert dieser Begriff eigentlich seine ursprüngliche Bedeutung. Ähnlich ist es mit „Zuhause“. Zuhause bin ich in meiner Wohnung. Wenn ich davon spreche, meine Mutter zu besuchen, fahre ich auch „nach Hause“. Strange, isn’t it?

Lassen wir das Internet ins Spiel kommen. Es verwischt die Grenzen zwischen beruflich und privat, öffentlich und persönlich und hebt Entfernungen auf. In meinem USA-Urlaub („Das gelobte Internet-Land“) hatte ich eine US-SIM-Karte in meinem Smartphone und war so immer mit der Heimat verbunden. Ich konnte mit meinen Freunden schreiben, Facebook etc. nutzen, wie ich auch in Deutschland mache. Die Heimat war immer nur einen Klick entfernt, obwohl ich ca. 6.000 Kilometer weit weg war. Beeindruckend oder?

Insofern würde ich Heimat nicht mehr an einem festen geografischen Ort fest machen. Heimat ist da, wo ich Anschluss ans Internet habe. Na gut, wohlfühlen sollte man sich an diesem Ort auch. Ich weiß auch nicht, ob ich ewig in Köln bleiben werde. Und selbst wenn nicht, die alte Heimat wäre immer nur einen Mausklick oder Tastendruck weit weg.