Social Media macht alleine keinen Spaß

Ja, ich weiß: eine bahnbrechende Erkenntnis. Wer keine Facebook-Freunde hat, dessen Timeline bleibt leer. Gleiches gilt bei Twitter usw. Social Media lebt von Beteiligung. Jeder freut sich über Kommentare und Likes. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich ein Stück Schokolade (wirklich nur eins) gegessen. Und darüber bei Facebook und Twitter informiert:

 

Und es dauerte nur rein paar Sekunden, schon kam die erste Reaktion:

Mein Dank an die Versuchskaninchen 😉

Kein Informationsaustausch, kein Link-Geschacher, keine Werbung – einfach nur soziales Miteinander. Das beobachte ich auch immer wieder bei irgendwie vermeintlich netzaffinen Veranstaltungen. Zu einem bestimmten Hashtag zu twittern ist ja en vogue. #rp13 war super, ich musste nicht nach Berlin fahren und habe trotzdem viele spannende Diskussionen mitbekommen.

Ich war aber schon auf Veranstaltungen, wo 1. kein Hashtag kommuniziert wurde und man es mehr aus Zufall selbst herausfand und 2. kaum jemand an der Diskussion auf Twitter teilnahm. So war dann die aufgestellte Twitterwall vollkommen überflüssig, denn sie blieb leer.

Umgekehrt gilt: wo wenige Leute Social Media nutzen, sind manche Dinge einfacher. Da gibt’s dann keine Shitstorms. Das Dorf, in dem ich lebe (eigentlich ein Randstadtteil von Köln, aber fast ein Dorf), bzw. seine Bewohner sind noch nicht daran gewöhnt, dauernd bei Foursquare einzuchecken, um zu beweisen, an welchen angesagten, hippen Locations man sich gerade aufhält. Die Folge: ich habe hier überall das Mayorship. In allen Supermärkten, im Fitnessstudio usw. Und niemand hat Ambitionen mir das weg zu nehmen. Weil ich ja gerne diese Motivation fürs Einchecken habe, macht so Social Media alleine eben doch Spaß.

Abzeichen sammeln für den Seelenstriptease

Menschen zu motivieren ist eine Kunst (bzw. Wissenschaft) für sich. Belohnung bei Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder Bestrafung bei Nicht-Erfüllung stehen zur Auswahl. Bei Systemen, in denen ich mich freiwillig einfüge, wird Belohnung wohl der wirkungsvollere Ansatz sein. Stellt Euch vor, Facebook würde Strafen einführen, wenn man nicht jeden Tag postet und den Seelenstriptease hinlegt.

Umgekehrt ist es wirkungsvoller. Belohnung für Leistung, das Prinzip ist altbekannt. Mehr und mehr Internetdienste, vor allem Social Media, motivieren ihre Nutzer mit Belohnungen. Die sind zum Teil banal. Der Check-In-Dienst Foresquare verteilt für jedes Einchecken an einem Ort Punkte. Für verschiedene Häufigkeiten von Check-Ins gibt es Abzeichen, die Badges. Zum Beispiel fürs Einchecken an verschiedenen Orten: ich habe den Trainspotter-Badge für ein paar verschiedene Bahnhöfe. Wenn ich an fünf weiteren Bahnhöfen einchecke, bekomme ich den Trainspotter Level 2.

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Anhand der Punkte trete ich in Konkurrenz zu meinen Foresquare-Freunden. Hier führt die Tabelle an, wer in den letzten sieben Tagen die meisten Punkte gesammelt hat. Und was bringt das alles? Nichts. Aber es macht trotzdem Spaß. Dem Bedürfnis des Menschen (in der Bedürfnispyramide bestimmt ganz unten) nach Wettkampf und dem Jagd- und Sammeltrieb des Urmenschen geschuldet, wirkt es einfach. Außerdem gibt es schlimmere Dinge, nach denen man süchtig sein kann oder?

Dieser Ansatz zur Nutzungsmotivation hat sich als „Gamification“ einen Namen gemacht. Wenn man Menschen dazu bringen will, etwas zu tun, muss es irgendwie Spaß machen. Diese Idee, aus einer Treppe ein Klavier zu machen, hat nachweislich dazu geführt, dass mehr Leute Treppen steigen.

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Für mehr Bewegung trage ich schon seit fast einem Jahr* meinen FitBit mit mir rum. Zunächst ist der Fitbit ein Schrittzähler. Er misst meine Schritte, die zurückgelegte Distanz in Kilometern, bewältigte Stockwerke beim Treppensteigen und versucht sich noch an verbrannten Kalorien. Auf Knopfdruck zeigt das kleine Display an, was ich bisher an einem Tag erreicht habe.

Soweit so gut. Spannend wird das Ganze natürlich erst durch die Internetanbindung. Regelmäßig werden nun meine Daten an die Webseite von Fitbit übertragen. Dort wird genau protokolliert, wie viel Bewegung ich gehabt habe. Und auch hier Wettbewerb und Gamification: Es gibt Abzeichen für 500 Etagen beim Treppensteigen usw. und in einer Rangliste kann mich mit Freunden vergleichen. Leider hat nur ein Freund auch den FitBit und weil ich einfach mehr unterwegs bin, kriege ich immer mehr Schritte zusammen als er. Die Motivation zum Wochensieg bleibt.

 

*Nur mal so: bis heute habe ich mit dem FitBit fast 3.000 Kilometer zurückgelegt!