Abzeichen sammeln für den Seelenstriptease

Menschen zu motivieren ist eine Kunst (bzw. Wissenschaft) für sich. Belohnung bei Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder Bestrafung bei Nicht-Erfüllung stehen zur Auswahl. Bei Systemen, in denen ich mich freiwillig einfüge, wird Belohnung wohl der wirkungsvollere Ansatz sein. Stellt Euch vor, Facebook würde Strafen einführen, wenn man nicht jeden Tag postet und den Seelenstriptease hinlegt.

Umgekehrt ist es wirkungsvoller. Belohnung für Leistung, das Prinzip ist altbekannt. Mehr und mehr Internetdienste, vor allem Social Media, motivieren ihre Nutzer mit Belohnungen. Die sind zum Teil banal. Der Check-In-Dienst Foresquare verteilt für jedes Einchecken an einem Ort Punkte. Für verschiedene Häufigkeiten von Check-Ins gibt es Abzeichen, die Badges. Zum Beispiel fürs Einchecken an verschiedenen Orten: ich habe den Trainspotter-Badge für ein paar verschiedene Bahnhöfe. Wenn ich an fünf weiteren Bahnhöfen einchecke, bekomme ich den Trainspotter Level 2.

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Anhand der Punkte trete ich in Konkurrenz zu meinen Foresquare-Freunden. Hier führt die Tabelle an, wer in den letzten sieben Tagen die meisten Punkte gesammelt hat. Und was bringt das alles? Nichts. Aber es macht trotzdem Spaß. Dem Bedürfnis des Menschen (in der Bedürfnispyramide bestimmt ganz unten) nach Wettkampf und dem Jagd- und Sammeltrieb des Urmenschen geschuldet, wirkt es einfach. Außerdem gibt es schlimmere Dinge, nach denen man süchtig sein kann oder?

Dieser Ansatz zur Nutzungsmotivation hat sich als „Gamification“ einen Namen gemacht. Wenn man Menschen dazu bringen will, etwas zu tun, muss es irgendwie Spaß machen. Diese Idee, aus einer Treppe ein Klavier zu machen, hat nachweislich dazu geführt, dass mehr Leute Treppen steigen.

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Für mehr Bewegung trage ich schon seit fast einem Jahr* meinen FitBit mit mir rum. Zunächst ist der Fitbit ein Schrittzähler. Er misst meine Schritte, die zurückgelegte Distanz in Kilometern, bewältigte Stockwerke beim Treppensteigen und versucht sich noch an verbrannten Kalorien. Auf Knopfdruck zeigt das kleine Display an, was ich bisher an einem Tag erreicht habe.

Soweit so gut. Spannend wird das Ganze natürlich erst durch die Internetanbindung. Regelmäßig werden nun meine Daten an die Webseite von Fitbit übertragen. Dort wird genau protokolliert, wie viel Bewegung ich gehabt habe. Und auch hier Wettbewerb und Gamification: Es gibt Abzeichen für 500 Etagen beim Treppensteigen usw. und in einer Rangliste kann mich mit Freunden vergleichen. Leider hat nur ein Freund auch den FitBit und weil ich einfach mehr unterwegs bin, kriege ich immer mehr Schritte zusammen als er. Die Motivation zum Wochensieg bleibt.

 

*Nur mal so: bis heute habe ich mit dem FitBit fast 3.000 Kilometer zurückgelegt!

Cyber-Rache und die Dummheit des Schwarms

Disclaimer: Das ist keine Anleitung oder Aufforderung zu entsprechenden Aktionen!

Menschen rächen sich manchmal für ihnen widerfahrenes Unrecht oder das, was sie dafür halten. Das kann vom harmlosen Klingelstreich beim „bösen“ Nachbarn bis hin zur Anzeige beim Finanzamt der Ex-Geliebten gehen. Alles mehr oder weniger aufwändig. Und dann kam das Internet.

Warum ich diesen Beitrag schreibe? Unabhängig von den vielen schwachsinnigen geteilten Facebook-Posts mit Gratis-iPads, die man fürs Teilen bekommt, ist mir ein Hoax (so nennt man gefälschte Warnmeldungen) im Gedächtnis geblieben. Dort warnte im Ursprung eine junge Dame alle ihre Freunde (und deren Freunde und deren Freunde usw.) davor, die Kontaktanfragen eines bestimmten ungefähr gleichaltrigen Mannes anzunehmen. Davon würde die ganze Festplatte zerstört und alle Daten gelöscht, auch die des Smartphones. Wenn ein Hacker sowas programmieren kann, Hut ab.

Natürlich vermute ich nur, dass es sich bei dieser „Warnung“ um einen Fall von Cyber-Rache handelt. Aber die beteiligten Personen und der Inhalt lassen da wenig Interpretationsspielraum. Im Prinzip hat es die Urheberin der Meldung geschafft, dass zig tausend Menschen nun Angst vor Kontaktanfragen ihres Ex(?) haben. Sofern sie es schaffen, sich angesichts der Flut von mehr oder weniger richtigen Warnmeldungen seinen Namen zu merken und überhaupt betroffen sind.

Bei diesen und vielen anderen Kettenbriefen kommt dann zum Vorschein, was ich mal als „Dummheit des Schwarms“ betitele. Es gibt Menschen, die klicken auf alles, was klickbar ist. Gefällt mir und Teilen sind davon besonders betroffen. Und der Aufforderung „Teile das mit allen Deinen Freunden“ folgt diese Sorte Mensch nur all zu gern.

Da lobe ich mir doch Webseiten wie mimikama.at, auf der Falschmeldungen, die auf Facebook kursieren, aufgedeckt werden. Nur leider ist der Schwarm zu selten auf der Seite. Ich habe es mir angewöhnt, bei allen noch so schlimmen Sachen (Kinder mit Tumoren im Gesicht, Hundebabys, die kurz vor der Hinrichtung stehen, WhatsApp soll kostenpflichtig werden) zunächst mal zu googlen, was da dran ist. Und dann wird meistens nicht geteilt oder direkt mit dem Hinweis, dass da nichts dran ist.

Mein Adressbuch – natürlich online

Während ich meinen Kalender lieber auf Papier führe, verwalte ich meine Adressen und Kontakte lieber online. Früher stand auf meinen Schreibtisch noch eine Visitenkarten-Rollkartei, die schon seit Jahren nicht mehr gepflegt wurde. Ich habe sie dann bei Gelegenheit mal entrümpelt. Da waren Visitenkarten drin, die ich schon seit Jahren hatte und deren Inhaber mittlerweile zwei oder drei Mal den Job gewechselt haben. Außer dem Namen hat also nichts mehr gestimmt.

Fast alle beruflichen Kontakte finde ich in Xing oder die Menschen haben eine Homepage. Daher war die Kartei schnell entleert und verschenkt. Das Schöne an den vernetzen Online-Adressbüchern: die Leute pflegen (hoffentlich) ihre Kontaktdaten selber. Eine Rundmail mit neuen Kontaktdaten entfällt. Kleiner Nachteil: ich muss bei selten genutzten Kontakten mal kurz nachschauen, ob die beim letzten Mal benutzte Telefonnummer oder Adresse noch korrekt ist. Aber selbst wenn nicht: eine E-Mail kommt in der Regel zurück, wenn sie nicht zugestellt werden kann. Und wer sein Online-Profil nicht in Schuss hält, wenn er im Netz präsent sein möchte, ist selbst schuld.

Die Weiterentwicklung der Online-Adressbücher, die in der Regel bei E-Mail-Diensten oder in sozialen Netzwerken liegen, wäre jetzt so eine Art Melderegister für alle. Natürlich mit umfangreichen Datenschutzfunktionen. Der Traum: Ich melde mich online in eine neue Wohnung um und alle Dienste, die das Melderegister nutzen (Banken, Versicherungen, Versandhändler usw.) erhalten sofort die neue Adresse und man spart sich die ganzen Adressänderungsschreiben.

Nochmal zurück zu den Visitenkarten: die werden bestimmt nicht aussterben. Denn wenn ich jemanden kennenlerne, ist die Visitenkarte immer noch schneller gezückt und die „gegnerische“ verstaut, als man den Kontakt mit dem Smartphone (vor allem bei schlechter Netzabdeckung) speichern kann.

Mit Obst Geld im Netz verdienen

Einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nichts ins Maul. An dieser Stelle dreht es sich nicht um Pferdefleisch und trotz der Überschrift auch nicht um iPhones.

Ich hatte neulich Geburtstag und weil es ein runder war, schickte mir mein Fitness-Studio ein Obstpaket von obst.de. Inhalt: Zwei Kiwis, eine Orange, eine Grapefruit, eine Birne, ein Apfel und eine Zitrone in einer hübschen Geschenkbox. Ich habe mich sehr darüber gefreut.

Obstkiste

Natürlich lag dem Paket auch ein Flyer des Anbieters bei und ich war neugierig, was so was kostet. Die Box, die ich bekam, kostet 14,90 Euro inkl. Porto. Das ist für eine originelle Geschenkbox gar nicht mal so teuer.

Wenn ich selbst auf die Idee komme, jemandem Obst so als Paket zu schenken, muss ich das Obst einkaufen (frisch), es verpacken (geeigneten, schönen(!) Karton besorgen), es wieder zur Post bringen usw.

Das Geschäftsmodell an sich ist aber bestimmt nachahmenswert. Denn das Obst kostet im Einkauf höchstens 3 Euro (wenn man von großen Stückzahlen ausgeht), der Karton 1 Euro, das Porto ca. 5 Euro. Bleiben 6 Euro, von denen noch Personal etc. bezahlt werden müssen. Aber je nach Produkt kann sich das durchaus lohnen. Veredelung von Waren war schon immer lukrativ.

Und für 6 Euro, die ich spare, wenn ich das ganze Gedöns selber mache, büße ich Arbeitszeit ein und habe Aufwand. Insofern können auch zunächst banale Geschäftsmodelle Sinn machen, sofern sich genug Kunden finden.

Selber einkaufen, verpacken und schenken macht aber auch Spaß.

Social Cinema – das nächste große Ding

Zu Social TV habe ich mich ja erst kürzlich geäußert. Und nun das nächste große Ding: Social Cinema. Also in Kino den Film kommentieren bei Twitter. Was das bringen soll? Ja, das frage ich mich auch.

Aber neulich im Kino sah ich viele Zuschauer um mich herum, bei denen es regelmäßig in den Handflächen aufleuchtete und die fleißig andere Menschen auf dem Laufenden hielten. Natürlich kann ich nur mutmaßen, dass sie den Filminhalt weitergaben und nicht den neuesten Cliquen-Klatsch. Doch wenn ich zwischen 6 und 12 Euro für eine Kinokarte zahle, konzentriere ich mich auf en Film und nicht auf das Internet und das Gerät, dass es mit mir verbindet.

Vor allem ist es auch für andere störend, wenn irgendwo im Saal immer eine weitere Leuchtquelle ist. Und die gibt es immer. Ok, mich stört auch schon das Licht eines Notausgang-Schilds im dunklen Kino. Solange die Leute Ihre Smartphones auf lautlos stellen, ist es mir recht. Wenigstens filmen sie nicht mit dem Handy den Film ab, um ihn anschließend zu einer der Nachfolge-Seiten von kino.to hochzuladen.

Ähnliche Situation bei Konzerten:

„Zeigt mir Eure Hände“

Die beliebte Forderung einschlägiger Musiker ergibt keinen Sinn mehr. Die Hände sind schon oben und sie halten eine Digitalkamera oder ein Smartphone. Was bringt es mir, wenn ich ein Konzert die ganze Zeit durch das Mini-Display betrachte??? Will mir nicht in den Kopf. Wer unbedingt in Facebook zeigen will, wie cool er ist, weil er bei XY steht, soll ein (1) Foto machen und es posten. Das reicht doch. Dann gehen auch weniger Handys bei Konzerten zu Bruch, weil sie aus zwei Metern Höhe runterfallen und der Nebenmann unabsichtlich drauf tritt.

Und wer guckt sich die 90 Minute-Aufnahme eines Konzerts nachher auf seinem iPhone nochmal an? Zeigt man das seinen Freunden? Ich denke, eher wird sich der Filmer selbst das Werk noch einmal betrachten, damit er sieht, was er verpasst hat, als er auf sein Display konzentriert war.