Es ist so schwer online einen Zeitungsartikel zu kaufen

Gestern Morgen wollte ich einen bestimmten Artikel aus der FAZ lesen, der in der Druckausgabe erschienen war. Den hatte ein Bekannter von mir geschrieben und ich wollte den Artikel unbedingt lesen, weil das Thema für mich sehr interessant war. Weil ich dafür aber nicht morgens extra zum Kiosk laufen wollte, habe ich nach einer legalen Möglichkeit gesucht, diesen Artikel zu lesen und dafür zu bezahlen.

Möglichkeit eins: das FAZ-Archiv. Hier kostet der Artikelabruf 2 Euro. Man muss sich registrieren und im Voraus mindestens 5 Euro bezahlen, weil Abbuchungen darunter sich für den Verlag wohl nicht lohnen. Ich hätte dann 3 Euro Guthaben gehabt, aber wer weiß, wann ich das nächste Mal da einen Artikel hätte kaufen wollen.

Möglichkeit zwei: ich nutze die App iKiosk auf dem iPad. Dort kann ich das E-Paper der FAZ kaufen und zahle für die ganze Zeitung 1,79 Euro. Finde den Fehler!

Möglichkeit drei: ich bin mir ziemlich sicher, dass es auf gewissen Seiten mit exotischen TLDs das E-Paper auch ohne Bezahlung gegeben hätte, aber ich wollte ja Geld für diesen einen Artikel bezahlen.

 

Der Loser bei der Aktion ist meiner Meinung nach die FAZ. Denn von den 1,79 Euro für die Ausgabe bei iKiosk dürfte zunächst Apple erst mal seine 30% einbehalten. Bleiben 1,26 Euro, davon kriegt die FAZ sicherlich auch nur wiederum einen Teil. Dafür musste sie mehr Inhalte hergeben. Und ich habe mehr bekommen, als ich wollte und ich habe das Gefühl, auch mehr zu kaufen, als ich musste.

Warum kann ich nicht direkt bei der FAZ einen Artikel zu einem vernünftigen Preis kaufen? Für 0,99 Euro in einem simplen Bezahlsystem hätte ich zugeschlagen (Schwellenpreise sind immer ein Kaufargument, 1 Euro wäre zu teuer ^^).

Und natürlich hätte ich dann gerne auch ein PDF gehabt, das ich archivieren und auch weiterversenden kann. Der Artikel auf dem iPad bleibt im iPad. Ich kann ihn zwar so oft aufrufen, wie ich will, aber teilen geht nicht. Oder es wäre sehr unkomfortabel, wenn ich einzelne Screenshots machen und die am Computer wieder zusammenbauen müsste.

Daran krankt der bezahlte Online-Journalismus: An einfachen und komfortablen Systemen, Leute oder Unternehmen für ihre Arbeit zu entlohnen. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass Leute bereit sind, zu zahlen. iTunes hat es vorgemacht. Flattr ist ein schönes System, aber ohne nennenswerte Nutzung. PayPal braucht zu viele Klicks. Die Bonbons in der Blogbox sind bislang der beste Ansatz, den ich gesehen habe. Mal sehen, wie sich hier die Nutzerzahlen entwickeln.

Liebe Verlage: Lasst uns bezahlen, aber macht es uns so einfach wie möglich, sonst lassen wir es!

Her mit den Bonbons – bequemer Blogs lesen

Es wird ja vermutlich noch ein bisschen dauern, bis man bei uns seine Lieblings-Blogs auf dem Kindle lesen kann. Da ist das iPad schon eine Alternative. Bislang bedeutete das aber, den Blog als Webseite aufzurufen oder mühsam manuell alle RSS-Feeds in Flipboard oder eine RSS-App (seit Google-Reader eingestellt wurde) einzubinden. Seit heute geht das einfacher, denn mit großem Medienecho wurde heute Mittag Blogbox veröffentlicht.

Blogbox ist eine App fürs iPad, mit der man seine Lieblingsthemen und ein paar spezielle Blogs auswählen kann, die Artikel werden dann runtergeladen und man kann auf dem iPad seine Blogs in einer neutralen Reader-Ansicht lesen. Aus der App heraus kann zu per E-Mail, Twitter und Facebook geteilt werden. Soweit so gut. Der Clou sind die „Bonbons“. Man kann über die App für einen gewissen Betrag virtuelle Bonbons kaufen und einen Blogger für seinen Artikel mit einem Bonbon belohnen. Im Endeffekt kriegt der Blogger dann Geld für seine Arbeit.

Der Kauf der Bonbons läuft über Apple, sodass jeder, der schon mal eine App gekauft hat, ohne eine erneute Registrierung oder Eingabe seiner Zahlungsdaten das System nutzen kann. Eine gute Sache, denn das Apple-System erfreut sich großer Beliebtheit, weil es so einfach ist. Andere „Ich tue meinem Lieblingsblogger was Gutes“-Dienste wie Flattr bringen Bloggern kaum etwas ein.

Blogbox hat sich selbst auf die Fahnen geschrieben, das Bloggertum zu fördern. Der Slogan lautet „Blogs für alle“. Mit dem Bonbon-System, der netten App (das Grün ist mir etwas zu grell, aber das ist ja Geschmackssache) und ein paar mehr richtig guten Blogs im Verzeichnis könnte es gelingen, Blogs hier einem größeren Publikum schmackhaft zu machen. Wer will, kann seinen eigenen oder den Lieblingsblog vorschlagen.

Und wer weiß, vielleicht ebnet Blogbox ja den Weg für ein neues Paid Content-Modell…

Zeitungsabos mit dem iPad – die neuen Handyverträge

Handys waren bei uns noch nie teuer. Man zahlte immer nur 1 Euro und übersah dabei, dass der Monatsbetrag für den Vertrag multipliziert mit 24 ungefähr das Doppelte des Gerätepreises ausmachte. Klar, dafür bekommt man dann eine Super-Duper-Mega-Flatrate in alle Netze und muss nur die SMS extra zahlen (braucht in Zeiten von WhatsApp kein Mensch).

Jedenfalls wurden auf diese Art Handys bei uns sehr günstig in der Anschaffung und jeder kann sich alle zwei Jahre eines neuen Geräts erfreuen. Die Hemmschwelle ist halt geringer, denn wer würde auf einen Schlag zum Beispiel 500 bis 700 Euro für ein Smartphone zahlen?

Bei Tablets wie dem iPad scheinen Verlage das Erfolgsmodell der Handys wiederholen zu wollen. Mehr und mehr Zeitungen bieten die Abos ihrer E-Paper im Bundle mit einem iPad an. Alle Verträge gelten dabei mindestens 24 Monate – genau wie bei den Handys.

  • Bei der Welt bekommt man das iPad Mini für 19,99 Euro im Monat inkl. den ePapern von Welt, Welt am Sonntag und dem kompletten Online-Angebot. Damit hat man zwar ca. 150 Euro mehr bezahlt, als wenn man das iPad Mini so kaufen würde (in der einfachsten Ausstattung), dafür hat man das Welt-Abo mit dabei.
  • Bei der SZ ist das Angebot ähnlich, mit 39,90 Euro im Monat aber doppelt so teuer.
  • Die Westfälischen Nachrichten verlangen 34,90.
  • Die BILD macht das ein wenig anders und verkauft die iPads und zusätzlich für 149,99 Euro im Jahr die BILD HD-App.

Es gilt dann jeweils im Kleingedruckten nachzusehen, wie man wieder aus dem Vertrag raus kommt. Denn es wäre ja ärgerlich, wenn sich das Abo automatisch um ein weiteres Jahr verlängert, wenn man lieber ein neues iPad haben möchte.

Die Westfälischen Nachrichten können da schon als vorbildlich betrachtet werden:

Nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit wird das Abo automatisch als normales, reines ePaper-Abonnement weitergeführt, der Preis wird entsprechend umgestellt und es gilt die allgemeine Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende.

Quelle: https://abo.wn.de/pdf/AGB_WN-AZ-TB.pdf

Es besteht also zumindest hier  keine Gefahr, auf dem Abo sitzen zu bleiben, wenn das iPad „abbezahlt“ ist.

Für die Verlage scheint mir das ebenfalls ein einträgliches Modell zu sein. Bzw. kann es sich dazu entwickeln. Denn der Anteil der Nutzer von E-Paper-Ausgaben muss sicherlich noch steigen, um den Aufwand dafür zurechtfertigen (wobei ein PDF der gedruckten Ausgabe weniger Arbeit macht, als eine komplette App-Ausgabe). Vorteil für den Verlag: die beliebige Reproduzierbarkeit der E-Paper-Ausgabe. Egal, ob sie für 1.000 oder 10.000 Leute gemacht wird, die Kosten bleiben gleich. Anders als beim Print. Und vielleicht holen sich die Tageszeitungen so einen Teil ihrer Auflagenverluste wieder rein, indem sie einen modernen Weg des Lesens anbieten.

Journalisten, lernt Facebook!

Der Text ist in der Januar-Ausgabe des DJV-NRW Journals veröffentlicht worden.

Facebook ist böse, ganz böse. Die sammeln Daten wie blöde, geben alles an Fremde heraus und es ist ein furchtbarer Zeitfresser, mit dem man sich besser nicht beschäftigen sollte. So denken Journalisten, zumindest einige, die ich in letzter Zeit getroffen habe. Ich rede dabei nicht von der Generation, die dem Bleisatz hinterher trauert, sondern von Menschen, die im Idealfall noch 30 Jahre im Beruf vor sich haben.

Natürlich gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, die Facebook, Twitter und Co. beherrschen und auch in der täglichen Arbeit einsetzen. Aber leider eben auch viele, die Social Media verteufeln. Das ist schade. Denn Facebook ist aus der (Medien-)Welt kaum noch wegzudenken, gerade bei Jugendlichen. Den Lesern und Zuschauern von morgen. Deshalb versuche ich mal ein paar Vorurteile auszuräumen, die mir in den letzten Monaten im Kollegenkreis begegnet sind. Also die Wahrheit über Facebook:

Facebook sammelt Daten und macht damit Werbung

Ja, von was leben Medien denn? Vom Verkaufserlös und von Werbung. Das gilt für alle Medien, selbst die öffentlich-rechtlichen Sender kassieren Geld für Werbespots (wenn auch das Gros aus den Gebühren stammt). Facebook versucht, die Werbung auf jeden Nutzer anhand seiner Vorlieben passend einzublenden. Vielleicht bin ich eine Ausnahme, aber es funktioniert bei mir nicht. Facebook kennt meinen kompletten Unterhaltungsgeschmack und mein Freizeitverhalten. Passende Anzeigen sehe ich sehr selten.

Und selbst wenn: Facebook kann doch nur Sachen von mir analysieren, die ich selber bekannt gegeben habe. Wenn Sie Facebook nicht mit Daten versorgen wollen, schreiben Sie eben nicht, was Ihre Interessen sind, klicken nirgendwo auf „Gefällt mir“ und dann soll Mr. Zuckerberg mal sehen, woher er erfährt, was Sie mögen.

Da sehe ich nur Mist

Was machen Sie, wenn im Fernsehen Volksmusik läuft und Sie keine Volksmusik mögen? Sie schalten um. Und wenn Sie bei Facebook etwas sehen, was Sie nicht interessiert, ist es mit zwei Klicks ausgeblendet. Ein weiterer Klick verhindert, dass Sie von der betroffenen Person überhaupt noch etwas zu Gesicht kriegen. Eine sehr sinnvolle Funktion, weil manche Zeitgenossen auch Facebook-hyperaktiv sind.

Ich will nichts Privates von mir preisgeben

Müssen Sie doch auch nicht. Wie eben erwähnt, wenn Sie Facebook nichts geben, lesen Sie halt nur mit, was andere so schreiben. Es macht schließlich nur eine Gruppe von unter 100.000 Menschen in Deutschland die Medien für 80 Millionen. Und wenn Sie doch mal was reinschreiben oder auf Ihre Arbeit aufmerksam machen, können Sie genau bestimmen, wer das lesen kann.

Ich habe lieber echte Freunde

Stimmt. Auch ich habe lieber echte Freunde. Von meinen ca. 600 Facebook-Freunden würde ich gerade mal 20 als Freunde im engeren Sinn bezeichnen. Alle anderen sind Kontakte, die privat und beruflich in verschiedenen Lebenssituationen angesammelt worden. Aber ich bin neugierig (sollten das Journalisten nicht generell sein?). Ich finde es interessant zu erfahren, ob jemand, mit dem ich zusammen in der Schule war, geheiratet hat. Auch wenn ich denjenigen nur alle fünf Jahre zum Klassentreffen sehe und selbst da kein Gesprächsthema mit ihm finde.

Facebook hat das Wort Freund entwertet. Dafür gibt es dann die Freundeslisten. Die Liste „Enge Freunde“ beinhaltet auch nur diese. Und Sie können mit Menschen befreundet sein und diese gleichzeitig so einschränken, dass sie gar nichts von Ihnen sehen.

Ich verwalte meine Freunde in ca. einem Dutzend Listen. Zum Beispiel gibt es eine Liste, in der nur Menschen sind, die beruflich was mit Medien machen. Warum soll ich dem Schulfreund, der Tierarzt ist, etwas über die Tarifbedingungen von Journalisten schicken? Und was ich privat so mache, interessiert bestimmt nur wenige Redakteure und Kunden.

Kommunikation ist alles

Facebook erfüllt für mich verschiedene Zwecke. Es ist ein Informationsmedium. Ich erfahre von Ereignissen und Terminen, lerne neue Musik kennen und vieles mehr. Da meine Themen IT-lastig sind, finden sich davon naturgemäß viele Meldungen in den Social Networks wieder. Und Facebook ist für mich ein Kommunikationsmedium. Es ist einfacher, eine Facebook-Nachricht als eine E-Mail zu schreiben. Ich sehe zuverlässiger, ob die Nachricht gelesen wurde und kann einfacher mit mehreren schreiben.

Teile und herrsche

Nicht im historischen Sinn zu verstehen. Dank Facebook bin ich mein eigenes Medium. Wenn ich etwas finde, das ich so gut finde, dass auch andere es sehen sollen, teile ich es auf Facebook. Das kann ein Beitrag eines anderen Nutzers sein. Oder mein eigener Artikel…Man muss ein bisschen die Rampensau in sich wecken, wenn man seine Freunde mit den Ergebnissen der eigenen Arbeit versorgt. Echte Freunde sagen einem schon, wenn es zu viel wird. Alle anderen klicken Sie weg.

Als (freier) Journalist sollten Sie die Viralität des Teilens zu schätzen lernen. Sie suchen einen Interviewpartner? Sie wollen ein tolles Projekt promoten, am besten was mit Kindern, Kochen oder Katzen? Dann teilen Sie das mal mit 600 Freunden, die das wiederum mit ihren Freunden teilen und freuen sie sich über die Reaktionen in Form von Klickzahlen oder ähnlichem.

Ich habe keine Zeit für Facebook

Die sollten Sie sich nehmen. Einmal am Tag fünf Minuten reichen doch. Ich selbst verbringe auch nur fünf Minuten in Facebook – jedoch mehrmals am Tag. Dank Facebook weiß ich auch, dass ich mir gerne Katzenbilder anschaue. Folgen Sie McLuhan und lassen Sie sich vom neuen Medium massieren. So ein Katzenbild kann unheimlich beruhigend wirken.

Der Sinn der Katzenbilder

Facebook ist ein Kommunikationsmedium. Wir als Journalisten machen Kommunikation. Wie können wir uns da dem Medium verschließen? Einem Medium, in dem jeder veröffentlichen kann. Unser Grundgesetz sagt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung…zu veröffentlichen.“ Mit Facebook (und anderen Diensten) ist das, was die Väter des Grundgesetzes wollten, alltagstauglich geworden. Klar, dass es auch viel Mist gibt. Aber ich sehe auch kaum Fernsehen, weil es da zu viel Mist gibt. Sie mögen keine Katzenbilder? Wegklicken. Wenn Sie keinen beruflichen Ansatz für sich in Facebook erkennen können, probieren Sie es trotzdem aus. Um Spaß zu haben. Um besser mitreden zu können. Um neue Ideen zu kriegen. Um zu verstehen, warum Ihre Kinder es den ganzen Tag nutzen. Um zu sehen, was die Generation bewegt, die morgen Ihre Leser/Zuschauer/Redakteure/Kunden bildet. Um zu lernen, wie Medien in Zukunft funktionieren. Können eine Milliarde Menschen irren? Ich denke: nein. Und wenn wir uns doch irren und es demnächst etwas anderes als Facebook gibt, müssen wir Journalisten uns auch das genau anschauen. Doch bis dahin, schauen Sie sich bitte Facebook an.